Wer aus dem Wald hinaustritt, um durch die Auen hinter unserem Haus zu laufen, hat das Gefühl, eine völlig andere Welt zu betreten. Gesättigt von Wasser und Sonne wirkt sie überreich beschenkt und strotzt vor Leben. Als Anouk und ich gestern, den schmalen Weg zu den Teichen, dem plätschernden Bach und den sumpfigen Gründen mit ihren Pfützen eisenhaltigen Wassers hinuntergingen schien sich nur für unsere Augen ein kleines Schauspiel zu entwickeln. Kaum fiel unser Blick auf den vorderen See, stiegen aus seiner Uferböschung in perfekter Harmonie miteinander ein Grau- und ein Silberreiher auf, drehten am Himmel eine Runde und landeten in den Bäumen jenseits der Teiche. Elegante Erscheinungen beide und das schneeweiße in der Sonne schimmernde Gefieder des einen überwältigend schön. Im Kontrast dazu kamen nun von allen Seiten schwarze Kormorane, strichen über das Wasser, ließen sich dann in einem nahen Baum nieder und begrüßten sich schreiend. Aus einem weiter hinten gelegenen See erhoben sich - angesteckt vom Trubel - kreischend etliche Graugänse, die sich nach einem kurzen Erkundungsflug wieder am gleichen Ort nieder ließen. Ganz in den Anblick dieser großen Vögel vertieft, die wie einstudiert auftauchten und wieder verschwanden, wäre mir beinahe das Plätschern entgangen, dass dann aber doch meine Aufmerksamkeit zurück auf den vor mir liegenden, geheimnisvoll smaragdgrün leuchtenden Teich lenkte. Ich erwartete übermütige Fische oder paarungswillige Frösche zu sehen. Aber was sich zeigte, war lang, braun und dicht behaart. Es durchbrach kurz die Wasseroberfläche, tauchte aber sogleich mit einer geschmeidigen Wendung wieder unter. Ein Fischotter. Und wie um sicher zu gehen, dass ich ihn auch wahrgenommen hatte, kam er noch einmal hoch, schwamm ein Stück in ganzer Länge an der Oberfläche und verschwand dann endgültig in der Tiefe. Ein Raubtier, frei, wild und schön. Ein zauberhafter Moment, ein flüchtiges Intermezzo, das ein beinahe schmerzhaftes Sehnen hinterließ. Ja, man kann in einer künstlichen Welt leben, man kann sich mit den zahlreichen lästigen Dingen, die sich nur Menschen antun können, auseinandersetzen und man kann sich an all den Dingen erfreuen, die uns das Leben leicht und angenehm machen, aber vielleicht steckt uns doch noch genug Ursprünglichkeit in den Knochen, dass wir diesen Rest einer tiefen Sehnsucht spüren, wenn wir ein wildes Tier sehen, das in Freiheit lebt.
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Ammo (Samstag, 07 April 2018 07:44)
Du musst mir mal zeigen wo du den otter gesehen hast, ich will auch otter sehen!