
Den Überschuss des Sommers für den Winter aufbewahren ist leicht, wenn man einen Eisschrank hat. Fehlt dieser, wie bei uns, muss man auf andere Methoden zurückgreifen, um Lebensmittel haltbar zu machen. Milchsäuregärung ist eine davon. Hier kennen wir sie vom Sauerkraut, in Korea gehört fermentiertes Gemüse aller Sorten als "Kimchi" in unzähligen Variationen zur täglichen Mahlzeit. Jedes Kind lernt es zuzubereiten und die gemeinschaftliche Herstellung wurde von der UNESCO zum "immateriellen Kulturerbe" erklärt. Eine großartige Würdigung einer alten Tradition, die sich beinahe zu einer Kunstform entwickelt hat. Aber auch Otto Normalverbraucher kann das Fermentieren ohne große Vorkenntnisse und Aufwand zu Hause ausprobieren und mit der Zeit verfeinern. Lediglich ein paar Vorbereitungen sind nötig, damit die Mikroorganismen ihre Arbeit aufnehmen können und ein gutes Lebensmittel durch die Bildung weiterer Nährstoffe in ein noch besseres verwandeln. Legendär ist in dem Zusammenhang der Gewinn an Vitamin C, der Seefahrer in Form von Sauerkraut vor dem Skorbut bewahrte. Auch der Zuwachs von Vitaminen aus der B-Gruppe ist erheblich und gerade für Vegetarier von Bedeutung. Und nicht zuletzt wird die Darmflora durch rechts- und linksdrehende Milchsäurebakterien ins Gleichgewicht gebracht, was dem gesamten Körper zugute kommt. Dass die Methode ohne technische Hilfsmittel und Energieaufwand durchführbar ist, macht sie für mich noch attraktiver. Also wagte ich einen ersten Versuch und entschied mich ganz klassisch für Weißkohl, den ich fein geschnitten und mit einer ebenso klein gewürfelten roten Paprika farblich aufgepeppt in einer Schüssel nach Zugabe einer guten Portion Salz mit beiden Händen kräftig durchgeknetete. Im kalten Keller zog das Gemisch eine Nacht Wasser, danach füllte ich es in ein paar leere Erdnussmusgläser. Das war es schon. Jetzt erledigen die Mikroben den Rest. Wichtig dabei im Grunde nur eines: Der ausgetretene Saft muss das Gemüse gut bedecken, um zu verhindern, dass es an der Wasseroberfläche mit Sauerstoff in Kontakt kommt. Daher habe ich zwei Steine in passender Größe aus dem Garten geholt, damit das Gemüse beschwert und zusätzlich noch etwas Salzwasser aufgefüllt. Heute, nach einer Woche bei Zimmertemperatur im dunklen Schrank, testete ich den Inhalt der zunächst nur locker verschraubten Gläser geruchlich und ... es duftet vielversprechend sauer aromatisch. Jetzt kommt der Vorrat gut verschlossen zum Nachreifen in den Keller und irgendwann ist das "Kimchi" genussfertig. Das kann je nach Gemüsesorte und persönlichen Vorlieben (bezüglich des Säuregrades) schneller gehen oder länger dauern, aber für Monate haltbar ist mein Vorrat jetzt allemal. Hätte ich das schon im letzten Jahr gewusst, hätten wir den ganzen Winter über "Kimchi" essen können, denn auf den Feldern blieben so viele Rot- und Weißkohlköpfe stehen, dass ich mir gut etliche hätte sichern und einlegen können, bevor sie von den Schafen abgestoppelt wurden. Mal schauen, was dieses Jahr als unverkäuflich den Tieren zum Fraß vorgeworfen oder wieder untergepflügt wird.
Kommentar schreiben