
Wir stehen uns selbst im Weg. In einer Welt, die nur das Rationale gelten lässt, haben wir alle frühzeitig gelernt, das Unerklärliche entweder gar nicht erst wahrzunehmen, es zu pathalogisieren oder es recht ordentlich zu katalogisieren, um es so unschädlich zu machen: Dann heißt es Zufall, Instinkt oder Naturgesetz. Kein Wunder also, dass die Natur nicht mehr mit uns sprechen kann. Sie stößt auf taube Ohren. Wohl berührt sie uns noch irgendwie, aber als "göttliches Organ", wie Goethe es nennt, das Zeichen gibt, Kontakt sucht, sich jemandem wie in einem ganz persönlichen Gespräch zuwendet, das glauben wir nun wirklich nicht. Das können wir gar nicht mehr, ohne uns irgendwie lächerlich zu fühlen. Aber ganz privat in meinem Garten, nur mit Werners Ohren neben mir, bin ich frei, alles mögliche zu denken und versuchsweise als Wahrheit zu nehmen: "Und sie spricht doch!"
Da habe ich also vor einiger Zeit Erbsen für Zuckerschoten ausgesät, viele Dutzend ordentlich beschriftet ins Hochbeet, viele viele andere überallhin. Das war meine Kontaktaufnahme, meine unvormulierte Frage. Und was passiert: Im Beet rührt sich nichts, auch an den Stellen, die ich sonst im Garten noch erinnere, ist die Erde glatt, kein noch so kleiner Zuckerschotentrieb durchbricht die Erde. Und dann ... jäte ich das Rosenbeet und plötzlich "schaut" sie mich an: eine jugendliche, ganz entzückende Zuckerschote und sie scheint zu fragen: "Was sagst Du nun?" Ich sage gar nichts, ich kann nur staunen. Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu?
Heute weiß ich, ich bin frei, ich habe die Wahl. Ich kann selbst entscheiden, diese frühe Geburt als Zufall abzutun und dem Vergessen anheim zu geben oder sie als ganz persönliche Antwort auf meine unausgesprochene Frage zu nehmen. Heute auch werde ich über den Schatten meiner frühen Prägungen springen, die Autobahn meiner neuronalen Festlegungen überschreiten und an das Wunder glauben. Und was soll ich sagen: Anders denken lohnt. Man muss nicht reisen, die Welt ist schon im Innern groß.
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G. (Donnerstag, 04 April 2019 10:02)
„Glückliche Menschen können glauben, was sie wollen“ Lichtenberg