Hätte ich gewusst, dass Brokkoli mit einer Vegetationszeit von rund vier Monaten zu den Spätentwicklern gehört, ich hätte ihn gewiss nicht durch Vergleiche mit meinen eifrigen Zuckererbsen gekränkt. Anders nämlich als die uns schon seit Wochen mit ihrer filigranen Schönheit und ihrem Fleiß umschmeichelnden Kaiserschoten ist dem jungen Brokkoli gemächlich grade schnell genug. Er trödelt herum, lässt den lieben Gott einen guten Mann sein und macht sich um die Zukunft keinen Kopf. Mein unausgesprochener Vorwurf, die in ihn gesetzten Erwartungen zu enttäuschen, lässt ihn gänzlich unberührt: Ein Brokkoli muss tun, was ein Brokkoli tun muss. Und ich? Ich nehme es persönlich. Wenn das geliebte Kind nicht ordnungsgemäß gedeiht, so kann es doch nur an mir liegen. Hätte es die Gärtnerin, die es verdient, entwickelte es sich gewiss ganz ohne Fehl und Tadel. Ja, so ist das mit dem jungen Gemüse, es sät Selbstzweifel und erntet strafende Blicke. Da hilft nur Loslassen im Stil
wuweimäßiger Gewissheit, dat et kütt wie et kütt. Und siehe da, bar aller Erwartungshaltung überrascht auch der erste Brokkoli mit einem bilderbuchmäßigen Ergebnis, straft alle Vorhaltungen Lügen und zeigt einmal mehr, dass auch die eigenwilligsten Geschöpfe am Ende unter 'n Deckel kommen.
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G (Donnerstag, 01 August 2019 23:22)
Gratulation zu diesem Naturwunder!
Nüket (Montag, 05 August 2019 01:58)
oder "gut Ding will Weile haben"
Übrigens danke für die Fotodokumentation, ich hatte bisher keine Ahnung, wie Brokkoli wächst. Peinlich, aber jetzt ist diese Lücke gefüllt.