Slow food

Das Staunen über die Farbenpracht und den Formenreichtum, die Sorge um die Pflanzen, das Warten auf den richtigen Zeitpunkt, die Enttäuschung, wenn Raupen schneller sind, das Pflücken und Ernten, das Wühlen in der Erde - das ist das Vorspiel zum Essen. Sicher kann man auch anonyme Kartoffeln und genormten Brokkoli im Discounter erwerben, pfannenfertig Tiefgekühltes in der Packung erstehen oder gleich ein komplettes Fertiggericht wählen. Satt macht das ebenso. Aber wer einen Sommer lang fast nur mit dem kocht, was der Garten hergibt oder was vor dem Tor wächst, den befriedigt ein Schnellimbiss nicht mehr auf die gleiche Weise. Es ist, als würde man sich um etwas Wesentliches bringen, sich abspeisen mit einer Kurzversion der Geschichte, die zwar die nötige Information enthält, der aber die eleganten Wendungen, die Schnörkel und Ausschmückungen, die Schönheit, die Poesie, der Tanz um den Höhepunkt abhanden gekommen ist. "Die Engel fliegen Spiralen, der Teufel nur geradeaus", wusste schon Hildegard von Bingen. Als würde man die Schnellstraße benutzen, statt gemütlich über die Dörfer zu tingeln, um hier zu rasten und dort Einkehr zu halten. Effizient mögen die direkten Wege - auch zum Essen - wohl sein, aber bereichernder ist doch das genussvolle Schlendern, das Schauen und Freuen an den Überraschungen am Wegesrand, das Auf und Ab, das Unverhoffte. Vor allem der ganz persönliche Bezug, der kleinteilige Blick, der das Besondere sucht, den schönen Augenblick, der genügen muss, weil es mehr auch für den nicht zu erreichen gibt, der im Siebenmeilenstiefelschritt unterwegs immer nur auf das Ende setzt und dem all das Unscheinbare, das vermeintlich Unwichtige aus dem Blick gerät. Am Schluss der Reise ist er um die Kleinigkeiten betrogen, denn kein Gott wird ihm zum Ausgleich für seine eilige Fahrt durch das Leben eine Reihe wunderbar geruhsamer Tage als Ersatz schenken.       

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