Hexenröhrling

Als wir vor vier Jahren in den Wald zogen, hatten wir von Pilzen keine Ahnung und sie daher stets respektvoll stehen lassen. Inzwischen aber konnten wir Einiges dazu lernen und wissen nun z.B., dass beinahe alle Röhrenpilze, also die, deren Hutunterseite ein Schwamm von gröberen oder feineren Röhren ziert, essbar sind; im Gegensatz zu den Lamellenpilzen, denen wie beim Champignon sogenannte Blätter zwischen Hut und Stiel wachsen. Unter ihnen befinden sich viele giftige Sorten. Im Grunde ist Pilze sammeln also, hält man sein Interesse auf Schwammpilze beschränkt, keine allzu große Kunst. Vorausgesetzt man weiß, wann und wo sie wachsen und schaut ihnen, bevor man sie mitleidlos auf gut Glück herausreißt, unter seltsamen Verrenkungen oder gleich kniefällig unter den Hut. Alte Hasen müssen das natürlich nicht mehr. Sie sehen auch so, welcher Pilz genießbar ist und welcher besser stehen bleibt. Gestern, es war feucht und mild und damit ideales Wetter, um Pilze über Nacht aus dem Boden schießen zu lassen, begab ich mich optimistisch gleich frühmorgens in den Wald und wurde, zwar nicht mit einer Pilzschwemme, aber doch mit zwei ausgewachsenen Röhrlings-Exemplaren belohnt: Zuerst stieß ich auf einen makellosen großen Steinpilz, der allein schon gelohnt hätte, sich für ihn auf den Weg zu machen, dann, vom Erfolg leichtsinnig geworden, rupfte ich kurzerhand eine Marone - wie ich meinte - aus, musste mich aber, von seiner warnend rot gefärbten Hutunterseite eines Besseren belehren lassen. Und auch sein Stiel leuchtete orangerot und schloss daher eine Verwechselung eigentlich von vornherein aus. Enttäuscht nahm ich ihn zur weiteren Bestimmung mit, glaubte aber schon zu wissen, dass ich einen der wenigen ungenießbarenen Röhrlinge erwischt hatte. Um so größer war meine Freude, dass sich der seltene Fund als Hexenröhrling entpuppte, der anders als sein Name und ganz anders als sein tatsächlich giftiger Namensvetter, der Satansröhrling, zu den sehr begehrten Speisepilzen zählt. Er mundete in Butter gedünstet und zu Dinkelspirellis gereicht jedenfalls hervorragend und dass ich mich mit meiner Zuordnung nicht geirrt hatte, sieht man daran, dass ich wohlauf und - nun da der Regen nachlässt - bereit zu einem neuen Sammelabenteuer bin ...  

von dem ich eine gute Stunde später mit einem Körbchen voll Birkenpilzen und einem weiteren prächtigen Hexenröhrling heimkehre. Was für ein Luxus!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0