
Man kann sich zurückziehen in den Wald so tief man will, hat man einen Computer ist man doch in der Welt, die in manchen Glaubensgemeinschaften im Unterschied zu ihrer inneren Glaubens- und Lebenswirklichkeit steht. Das fällt mir gerade jetzt auf, da ich meinen alten PC, dessen Tastatur sich mehr und mehr sperrte, in andere Hände übergeben konnte und der gebrauchte Ersatz mit seinem vorgegebenen Betriebssystem von Werner noch nicht für mich mit einem freien, schlankeren und sichereren eingerichtet wurde. Nun erlebe ich in der Übergangszeit einen kleinen Kulturschock. Sekündlich werden mir Dinge offeriert, Werbung und Nachrichten prasseln im bunten Durcheinander auf mich ein und ich schaue wie paralysiert hin. Weggucken ist so anstrengend wie Hinsehen. So gelangen all die Informationen ungefiltert ins Unterbewusstsein. "Ick bün all dor" könnte die Nachricht wie der schlaue Igel in der Fabel zum Hasen sagen. Bemüh' dich ruhig, ich bin schon angekommen. Denn wie die Welt beschaffen ist, das wissen wir kaum noch aus eigener Anschauung, das wissen wir von all den Bildern und Worten, die sich medial aufdrängen und vor denen man sich gänzlich nicht abschotten kann, meistens wohl auch nicht will. So trägt man gleich zwei Mal Verantwortung: Einmal für das, was man in sich hineinlässt und einmal für das Weltbild, das sich daraus wie von selbst bildet. Treu und Glauben darf da keine Rolle mehr spielen. Zur Naivität verkommt der gute Glaube, der einen Menschen auszeichnen könnte, dem das Vertrauen in die Redlichkeit des (auch virtuellen) Gegenübers noch nicht abhanden gekommen ist, weil er ihm in aller Unschuld unterstellt, was er in sich selbst noch an Arglosigkeit findet. Trauen darf man den Botschaften nicht, zumindest nicht einfach nur so, und sich zutrauen, von ihnen unbeeinflusst zu sein, auch nicht. Wer heute einen Blick in die Massenmedien tut, der muss den Glauben - erst Recht den guten - fahren lassen, er kann nur Naivling sein oder Zyniker werden, vielleicht ist er Buddhist, der sich das ganze Theater, weil nur Schein und Trug, ganz unbeteiligt ansieht, oder er wird zum Forschenden im Ringen um ein besseres Verständnis der Spezies Mensch. Von allem finde ich etwas in mir, bedauere es, übe mich, scheitere und mache weiter. Aber am schwersten wiegt bei alldem der Verlust der Unschuld.
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Ursula Kukureit (Freitag, 10 Januar 2020 15:21)
Liebe Anja, du bringst es auf den Punkt.