
Bei einer der letzten Zusammenkünfte in unserer kleinen Gemeindebibliothek stießen meine Kollegin und ich bei der gemeinsamen Computerarbeit auf zwei dicht nebeneinander platzierte Nachrichten, die sich - und Corona war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in aller Munde - dem Thema Notfall widmeten. Bei einer ging es ums Kochen ohne Strom. Da mich die Voreinstellungen in meinem eigenen Computer von zufälligen oder absichtlichen Meldungen verschonen, fragte ich überrascht: "Worauf will man uns denn da vorbereiten?" Meine Kollegin wunderte sich aber durchaus nicht. "So was", meinte sie, "wird doch regelmäßig neu aufgelegt." Aha, dachte ich, hellhörig muss mich das also nicht machen?! Die pragmatische Einschätzung anderer Menschen kann hilfreich sein bei der Einordnung medialer Botschaften. Schließlich muss eine Katastrophe nicht vor der Tür stehen, damit sich vorausschauende Menschen in Regierungsetagen schon mal Gedanken machen. Zu Hause recherchierte ich dann doch einmal zum Thema und siehe da, im Juni 2015 fand an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz ein Workshop des Projektes NeuENV statt, bei dem anhand eines Planspiels „Pandemie“ Strategien zur Bewältigung einer Krise mit Auswirkungen auf die Lebensmittelversorgung vorgestellt wurden. Und in einer Publikation des BBK aus dem Jahre 2014 bemängelte man, dass die Mobilisierung der Selbsthilfepotenziale in der Bevölkerung nach wie vor eine Motivationslücke sowie eine Selbstschutzlücke aufweisen. Und eine Studie im Auftrag der Allianz attestiert der Bevölkerung gar ein lückenhaftes, wirklichkeitsfernes Bewusstsein über bestehende Katastrophenrisiken.
Vor diesem Hintergrund entstand im Rahmen der Vorbereitungen zum Katastrophenschutztag des Landes Nordrhein-Westfalen im Juni 2020 eine Projektidee: Das "Kochbuch für alle Fälle" mit Ideen zum Kochen ohne Strom und Wasser. Dazu der BBK: "Gefüllt mit wunderbaren Rezepten wollen wir ein virales Marketing für die Notbevorratung - eine wichtige Befähigung zum Selbstschutz - auslösen."
Die Rezepte fürs Buch können noch bis Ende Mai eingereicht werden, getreu dem Motto, stell Dir vor es ist Krise und alle sind gut vorbereitet. Bisher soll es nämlich nur der kleinere Teil der Bevölkerung sein, der auf Lebensmittelengpässe eingestellt ist oder sich Gedanken darüber macht, was alles nicht mehr geht, wenn der Strom ausfällt.
Und ich? Ich komme mir vor wie in der Metapher von Vater, Sohn und Esel. Egal was ich sage oder tue, es passt nicht. Mal' ich den Teufel an die Wand, gelt' ich als Panikmacher, bin ich dagegen ausdrücklich gelassen, hab' ich wohl den Schuss noch nicht gehört. Darum habe ich mir meine feuerbetriebene Gulaschkanone auch ganz im Geheimen angeschafft, nur der BBK und ich, wir wissen davon :-). Im großen Suppentopf köchelt nun stromfrei unser Eintopf, auf dem Rost lässt sich lecker grillen, das Feuer knistert, der Rauch duftet aromatisch, die Sonne scheint warm und wir warten entspannt - stell Dir vor, es ist Krise und ...
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Ursula Kukureit (Freitag, 17 April 2020 20:32)
Hallo Anja, wo habt ihr denn so ein tolles Ding aufgetrieben? Auch ohne Krise finde ich es prima! Aber ohne Wasser scheint mir kochen doch schwierig. Es sei denn, man dünstet Gemüse auf ganz kleiner Flamme. Ist ja sowieso gesund.... Nur bei Reis und Nudeln gibts Probleme...
Anja (Samstag, 18 April 2020 06:22)
Liebe Ursula, das tolle Ding habe ich zufällig auf einer Seite für mittelalterliche Märkte entdeckt und ganz spontan gekauft. Erst gestern haben wir wieder einen Dinkeleintopf damit gekocht und sind ob der warmen Füße am Feuer, der unkomplizierten Essensvorbereitung draußen und der tatsächlich idiotensicheren Anwendung schlicht begeistert! Es geht also ganz prima ohne Strom, allerdings - wie Du richtig feststellt - nicht ohne Wasser. Käme es nicht mehr aus der Leitung, würden wir zur Hardau laufen und uns welches abfüllen. Die Hardau ist sauber und fließt hier sehr lebendig, so dass ich nach dem Abkochen unbesorgt wäre. Stell Dir vor, es ist Krise und alle versammeln sich um einen Suppentopf oder ich verteile im Dorf Flaschen mit abgekochtem Hardauwasser ... :-) Liebe Grüße und bis bald Anja