Während die Frühblüher bunt aus der Erde schauen, die Büsche und Bäume ein Hauch von Grün überzieht und sich zu unserer großen Freude bereits Spinat und Radieschen in den Frühbeeten zeigen, nutzen wir die ersten frühlingshaften Tage, um Teppiche, Vorleger, Felle, Decken und Polster nach draußen zu tragen und den Kaminstaub des Winters heraus zu klopfen. Der Frühjahrsputz, den ich früher für komplett überbewertet hielt, erweist sich hier nach einer langen Heizperiode mit dem Ofen als notwendig. Gleichzeitig markiert er aber auch den Übergang von einem nach Innen gerichteten Winter hin zur Außenorientierung im Sommer. Denn sobald der Wasserhahn an der Hausseite wieder ohne Bedrohung des Einfrierens aufgedreht bleiben darf, verrichten wir wieder so viel wie möglich draußen: Zähneputzen, Katzenwäsche, an ganz milden Tagen sogar das Duschen, Wäschewaschen, Abwasch, Kartoffeln bürsten. Endlich kommt wieder die Zeit der großen Gesten, die ich im Winter so sehr vermisse. Im Haus lernt man sparsame Bewegungen. Die Küche soll nicht unter Wasser stehen, nur weil ich spüle, das Bad nicht trockengelegt werden müssen nach dem Duschen. Im Garten kann ich fuhrwerken wie ein Kind, das noch nicht an irgendwelche Folgen denkt, denn die Erde nimmt den Überschuss des Wassers dankbar auf, die Pflanzen nahe der Außenküche wachsen besonders üppig und füllt sich der Eimer plätschernd und spritzend unter dem Waschbecken, so lässt sich dieses noch zigmal weiter verwenden, bevor es endgültig mit kräftigem Schwung, den es zu perfektionieren gilt wie Weitspucken, in die Beete gekippt wird. So hangeln wir uns in unsicheren, in geschichtsträchtigen, in beängstigenden Zeiten bescheiden von einer Freude zur anderen. Und leben damit wie Generationen vor uns in Krisenzeiten halb unschuldig, halb schuldig, wenn gegen den eigenen Willen über einen verfügt wird und die einzig verbleibende würdevolle Haltung ein mal lauteres, mal leiseres "Nein" ist. Das ist wenig genug! Aber genug von solchen mit einem überzeugten "Nein" oder auch nur einem zaghafteren, jedoch entschlossenen "Da mache ich nicht mehr mit" können das Blatt wenden. Darauf hoffe ich!
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Ursula Kukureit (Donnerstag, 08 April 2021 17:43)
Liebe Anja, danke für deinen neuen blog-Beitrag. Das Sofa sprang mir sofort ins Auge. Meine Schwiegereltern hatten so eins, und man konnte wunderbar drauf liegen.
Das Leben im Garten läßt grad noch etwas auf sich warten, der Winter hatte ein kurzes Nachspiel. Ich hoffe auf die nächste Woche....