Durch die Symbole muss man gehen

Während der Frühling mit all seinen Pflanzen ein großes Fest veranstaltet, unsere Entchen wachsen, herumrennen und das Leben nach Strich und Faden genießen, malt das Unbewusste auf der Schattenseite die seltsamsten Bilder. An der Oberfläche begegnet man ihnen nicht. Man muss schon unter die Haut gehen, dort wo winzige Wesen archetypische Bilder zeichnen, die an urzeitliche Höhlenmalerei erinnern und in Traumwelten zu Hause scheinen. Wie Novalis erklärt: "In Wort und Schrift fand ich allein bisher des Wissens Quelle. Dring ich in höhere Wahrheit ein, tritt das Symbol an diese Stelle." Und der Symbole finde ich viele an diesem einen Ast, der als Beetumrandung diente. Jetzt im langen Sterben entblößt er sich, wirft Stück für Stück die dicke Rinde ab und zeigt, wovon er träumte: Ein vielarmiger gehörnter Käfer oder links davon ein Steinbock. Darüber reitet eine dünne menschliche Figur auf einem missmutigen Einhorn mit Larvenkörper. Auch einen alten, müden, des Zauberns mächtigen Hund erkenne ich. Er liegt auf einem Felsen. Zwei seiner Beine ragen über den Rand. An ihn gelehnt eine zarte Gestalt, die ich erst für einen Gnom hielt, bevor er vor meinem inneren Auge verschwand, um einem weiblichen Wesen mit verschämt gesenktem Kopf Platz zu machen. Die Bilder, stelle ich fest, bin ich. Sie sind, was ich sehen kann und erlaube zu erkennen. Und aus dem Unbewussten aufwachend entspinnt sich in bester Selbstzensur ein Dialog: Beschämt und schamhaft - das kann man doch nicht schreiben, nicht einmal denken soll man das. Beim Weibe dürfen sie dem Zeitgeist gemäß nichts mehr verloren haben und so assoziiere ich gleich ehrenrettend weiter: Beschämt ist sie nicht über sich, sondern von der Welt. Schamhaft und fremdbeschämt wendet sie den Kopf von ihr ab und hin zu tieferer Wahrheit, die nicht in den Dingen, nicht im Zeitgeschehen, nicht im Zeitgeist zu finden ist, nicht in Wort und nicht in Schrift, sondern in den Symbolen hinter den Dingen, unter der Haut, über den Ereignissen.    

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