Olga ist die neue Neue. Sie kam zu uns, um Johann und Elzie Gesellschaft zu leisten, nachdem Alma sich zum zweiten Mal entschlossen hatte, Eier zu legen und zu brüten. Ich hätte es gerne verhindert, aber ihr Fortpflanzungswille war zu stark und mein eigener Wille zu schwach, um mit brachialen Mitteln dagegen anzugehen. Daher habe ich lediglich die Anzahl ihrer Eier dezimiert. Alma befand und befindet sich also noch immer im Sitzstreik, Johann ist wie schon bei ihrer ersten Brut in Anbetung versunken und die kleine Elzie, hin- und hergerissen zwischen Abenteuerlust und Schüchternheit, raffte sich nur noch zu kurzen Ausflügen auf. Daher entschloss ich mich, wie allgemein von der Fachwelt auch empfohlen, dem von Natur aus polygamen Johann eine zweite Frau an die Seite zu stellen, auf dass sie ihn aus seiner stillen Betrachtung ins aktive Leben zuruckführen und die kleine Elzie als Ersatzmutter unter ihre Fittiche nehmen würde. Der Plan ging auf. Olga erfüllte die ihr zugedachte Aufgabe mustergültig. Bereits am ersten Tag ihrer Ankunft erkundete sie mit Johann und Elzie im Schlepptau das Grundstück. Ich war sehr zufrieden mit ihr und lobte sie über den grünen Klee - bis zu dem Tag, als auch sie Anstalten machte, sich dem Brutgeschäft zu widmen. Dazu ließ sie sich, kaum hatte sie sich eingewöhnt und befunden, dass es sich in ihrem neuen Zuhause ganz ordentlich leben und Kinder großziehen ließe, von Johann alle potenziellen Nistplätze zeigen. Der alte Schwerenöter machte ihr dabei besonders Anouks alte Hundehütte schmackhaft, die er Alma seinerzeit schon vergeblich versucht hatte anzudienen. So stand er schwanzwedelnd vor dem Eingang, kletterte demonstrativ hinein, raschelte an dem mit Buchenlaub gefüllten Kartoffelsack und lockte sie heiser fauchend ins Innere. Sie ließ sich nicht lange bitten, stieg ihm nach und zupfte angelegentlich einzelne Blätter heraus. Es folgte, was folgen musste. Sie legte Eier, ich nahm sie ihr bis auf drei oder vier weg, irgendwann polsterte sie das Nest mit ihren aus der Brust gezupften Daunen aus, begann fiepend und aufgeplustert herum zu laufen, um dann von einem auf den anderen Tag wie festgewachsen in der Hütte zu sitzen. Johann verfiel erneut in meditative Betrachtung der Welt und Elzie schaute, ein weiteres Mal verlassen, wieder öfter nach ihrer Mama, so als wüsste sie, dass ihre Geduld bald mit ein paar Geschwisterchen belohnt würde.
Kommentar schreiben