Dezember 2017

Dezember 2017 · 28. Dezember 2017
Hinter unserem Wald verläuft der Jakobsweg so unauffällig wie man es sich angesichts neuer Popularität kaum vorstellt. Nur die gelbe Pilgermuschel auf blauem Grund, ähnlich einer kleinen Sonne, weist den Weg. Wenn man früher vielleicht zur Vergebung der Sünden, zum Dank für ein großes Glück oder wegen eines besonderen Anliegens pilgerte, so ist es heute wohl oft eher Hetze und Stress, die Menschen auf den Weg bringen. Mit leichtem Gepäck, weil die To-do-Liste, die man zu Hause ließ,...
Dezember 2017 · 25. Dezember 2017
Während ich als Kind bei dieser Frage verschiedene Berufe vor meinem geistigen Auge vorbeiziehen ließ und dachte, die Welt stehe mir offen, weil ich werden kann, was immer ich will, lauerte unter dieser frohen Botschaft eine ganz andere und die ließ keine Wahl: Vollständig bist du erst mit Beruf, d.h. Arbeit, die Geld bringt. Wer diesen Mythos nicht mehr mitdenken oder mitmachen will, hat es nicht leicht. Es dreht sich schließlich alles ums Geld. Das stellt keiner in Frage. Wer wie wir nur...
Dezember 2017 · 22. Dezember 2017
Für viele Menschen hat der Satz längst seinen Sinn verloren. Man geht nicht mehr unter Menschen, man ist ständig unter ihnen. Dank Smartphone und sozialer Netzwerke pausenlos. Das Sonntagskleid, das früher selten getragen, die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Raum markierte, wird heute gleichsam nicht mehr abgelegt. Stets präsent verdrängt Wirkung Wirklichkeit. Hier im Wald dagegen begegne ich oft tagelang keiner Menschenseele und den Bäumen bin ich ganz egal. So unbeachtet...
Dezember 2017 · 20. Dezember 2017
Wenn man aus der Stadt kommt, kann man sich gar nicht vorstellen, wie dunkel es im Wald ist. Nur wenige Meter vom Haus entfernt sieht man buchstäblich die Hand vor Augen nicht mehr. Unweigerlich verharrt der Schritt, der Atem stockt und man lauscht: Ein Rascheln im Unterholz, vielleicht ruft der Kauz oder der Fuchs bellt heiser. Unheimlich, aber schön. Dunkelheit ist mehr als Nichtsehen. Die Welt fällt aus dem Blick, der unendliche leere Raum ängstigt, macht klein und einsam. Aber dass sich...
Dezember 2017 · 19. Dezember 2017
Im Wald spazieren gehen ist gesund. Was an japanischen Universitäten erforscht und gestressten Großstadtmenschen als Waldbaden mit Erfolg verordnet wird, kann bei uns noch fast als Geheimtip gelten. Der Wald tut uns gut und die Gründe klingen wissenschaftlich. Jetzt dürfen wir also wieder tun, was jedes Kind kann. Ängstlich und mutig, zaghaft und staunend in die dunkle Welt des Waldes eintauchen, Wege verlassen und ganz absichtslos das Geheimnisvolle wirken lassen. Und dass da etwas ist...
Dezember 2017 · 16. Dezember 2017
Wenn man auf 42 qm zu zweit wohnt muss man sich notgedrungen bescheiden. Nur das, was wirklich gebraucht wird und das Leben schön macht, hat Platz. Also zwei Sessel am Kamin, ein Tischchen daneben, der Arbeitsplatz mit Blick in den Garten, ein alter Schrank für Töpfe genauso wie für Unterlagen und Vorräte. Die Küche ein Brett mit Kochplatte und Spüle. So einfach kann Einrichtung sein. Wenn der Stauraum nicht ausreicht, wird gnadenlos aussortiert und nicht nachgekauft. Das Herz darf nicht...
Dezember 2017 · 15. Dezember 2017
So wie in der warmen Jahreszeit der Garten Dreh- und Angelpunkt unserer Hingabe ist, so steht im Winter das Feuer im Zentrum der Aufmerksamkeit. Wie ein hungriges Tier verlangt es ständig nach Nahrung und hält uns in seiner Abhängigkeit. Stets müssen wir Holz hacken, den Zapfenvorrat zum Anfeuern auffüllen, auf den besten Zeitpunkt achten, neues Holz nachzulegen, Asche hinaustragen, den Ofen putzen. Aber es vergilt die Mühe auch mit behaglicher Wärme und einer Art Lebendigkeit, die einen...
Dezember 2017 · 10. Dezember 2017
Die Heide ist steinreich und wir hatten Totholz im Überfluss. Knorrige Äste, schlanke Zweige, Baumstubben und moosbewachsene Rinde. Lesesteine und Findlinge, ausgediente Vogelnester und Kiefernzapfen. Alles war geeignet, den Wald in einen Garten zu verwandeln, der vertraut wurde, aber dennoch wild blieb. Wenn im Herbst der Wind die Beete mit Kiefernnadeln zudeckt, der Frühling das Kraut aus unterirdischen Wurzeln emportreibt, seltsame Pilze über Nacht die Wege überziehen, Maulwürfe ihre...
Dezember 2017 · 09. Dezember 2017
Der Garten war ein Wald aus dutzenden Kiefern, Fichten, kleineren Laubbäumen, mannshohen Rhododendren und Blaubeeren, das Häuschen darin eingebettet, heimelig und verborgen. Die Sonne hatte kaum ein Durchkommen und tagsüber konnte es einen frösteln. Es nutzte nichts, der Wald musste gelichtet werden. Jedes Wochenende fuhren wir von Berlin in die Heide und rodeten Büsche und Bäume. Etliche große Kiefern ließen wir vom Fachmann fällen. Stamm und dicke Äste wurden zu Brennholz...
Dezember 2017 · 07. Dezember 2017
Das Bild des Hamsterrades wurde schon oft bemüht und trifft doch immer wieder. Ständig in Bewegung, aber von der Stelle kommt man nicht. "Rasender Stillstand" wie Virilio es ausdrückt. Man müsste aufhören können zu rennen und aussteigen. Wenigstens so lange man braucht, um in sich hineinzuhorchen und zu fragen. Was will ich wirklich. Oft weiß man es gar nicht mehr. Und das hat mich nachhaltig erschreckt. Ein Zuviel von allem: Arbeit, Verpflichtungen, Ablenkungen werden schnell...