Januar 2019 · 31. Januar 2019
Nun wird das gute alte Stück doch endlich ausgemustert. Übernommen von den Vorbesitzern unseres Häuschens pflegt es schon allzu lange seine Schwächen: die abgewetzten Bürsten taugen zu keiner Kehrarbeit mehr und das zerrissene Blech am Saugerfuß zerkratzt den Boden, sofern die Ecken und Kanten nicht regelmäßig flachgeklopft werden. Nur seine untadelige Saugleistung muss lobend hervorgehoben werden. Dennoch war ich zur Trennung bereit, als ihm vor vielen Monaten der Stiel abbrach und er...
Januar 2019 · 28. Januar 2019
Die große Herde Galloway-Rinder, die auf einer Weide am Rand meiner üblichen Anouk-Runde Einzug gehalten hat, ist schon von weitem zu sehen. Aus einiger Entfernung kann man sie beinahe für wildlebende Bisons halten, so dunkel und vielköpfig ist die Schar. Ein beeindruckender Anblick, der einen auf Abstand halten könnte. Kommt man jedoch näher, verfällt man augenblicklich dem Charme ihrer bärenhaften, gutmütigen Ausstrahlung. Ihre gedrungene Gestalt, das dicke, zottelige, schwarz, weiß...
Januar 2019 · 25. Januar 2019
Dass es mit unserer Welt nicht zum Besten steht, wusste man scheinbar zu allen Zeiten. Denn wo man auch hinschaut, man findet Erlösergeschichten. Die ganz große Erzählung hierzu steht in der Bibel. Aber auch im Kleinen blühen die Sagen um das Rettende. Eine ist bei uns Zuhaus. Sie schlummert als letzte Tochter des Heidekönigs in einem Findling auf dem Blauen Berg. Irgendwann wird ein Jüngling kommen, so heißt es, der die verzauberte Prinzessin mit dem Schlag einer Gerte aus dem Stein...
Januar 2019 · 22. Januar 2019
Unweit unseres Häuschens verläuft der Jakobsweg. Wir gehen ihn mit Anouk gewohnheits- mäßig, so dass wir die Schönheit am Wegesrand nicht immer bewusst wahrnehmen. Wenn aber die wilden Gänse in Scharen auf den Wiesen weiden oder ein Paar Kraniche in trauter Zweisamkeit miteinander trompetet, entgeht uns das nicht. Auch die Ponys, Kalt- und Warmblüter in ihren Koppeln streifen wir mit mehr als einem Blick und seit ihnen gegenüber eine riesige Herde Galloways auf einem Feld Einzug...
Januar 2019 · 20. Januar 2019
Wenn es kalt und dazu windig ist, meiden wir bei unseren Spaziergängen mit Anouk den langen Weg hin zum nächsten Dorf und übers freie Land zurück nach Hause, denn ein Teil der Strecke führt auf einer schmalen, nur gelegentlich von Treckern und noch seltener von Autos befahrenen Straße durch weite Felder, über die der Wind ungebrochen hinwegfegt. Ohne schützendes Buschwerk auf den Feldrainen oder Baumgruppen am Rand ist man den Elementen schutzlos ausgeliefert. Nur eine Reihe...
Januar 2019 · 15. Januar 2019
Über Anfang und Ende lässt sich trefflich streiten. Ob ein Weg also eher weg oder eher zurück führt ist auch eine Charakterfrage. Für den Nomaden in uns bedeutet der Weg die Verheißung vom Glück in der Ferne, das Licht leuchtet ihm am Ende des Tunnels, der Sesshafte dagegen ist nur versehentlich fort, für ihn ist die Straße das Versprechen auf eine sichere und schnelle Heimkehr und nur der Buddhist weiß, dass der Weg selbst das Ziel ist. Bei uns brennt die Laterne am Fuß der langen...
Januar 2019 · 13. Januar 2019
"Du fotografierst Dinge, die gibt es gar nicht", meinte Werner, als er das Bild sah, das ich gestern zur Blauen Stunde von unserem Haselstrauch machte. Und wirklich, plötzlich gleicht der Hasel mit seinen lichtdurchfluteten Blütenständen einem märchenhaften Goldregen, unter den man sich stellen möchte. In solchen Momenten scheint die Kamera eine sonst verborgene Wirklichkeit einzufangen. Als täte sich die Pflanze auf, um für einen Augenblick ihr wahres Wesen in einem poetischen Bild zu...
Januar 2019 · 10. Januar 2019
Wer kennt nicht die Fabel von der Grille und der Ameise. Generationen von Kindern wurden mit ihr zu Strebsamkeit und Fleiß angehalten. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Wer im Sommer, statt Vorräte zu sammeln, unnütz Musik macht, dem empfiehlt die Geschichte zynisch, im Winter zu tanzen - hungrig versteht sich. Verständnis oder gar Unterstützung hat er nicht zu erwarten. Die Botschaft ist so eindeutig wie gnadenlos und ginge es nach ihr, müsste auch ich bald tanzen - gegen die...
Januar 2019 · 07. Januar 2019
Hinter dem Haus, nur durch ein schmales Pättken von unserem Grundstück getrennt, liegt zwischen Wald und Auen ein Fleckchen Schonung. Eingefriedet mit einem Wildzaun wächst dort was will: Kiefern, Birken und Buchen, die vielgeschmähten Traubenkirschen, Haselnuss, Blaubeere und anderes Kraut. Locker verteilt stehen vereinzelt erwachsene Kiefern dazwischen wie gute Mütter, die ein Auge auf ihren Nachwuchs haben. Wucherndes Brombeergestrüpp mit dornenbesetzten Ranken füllt wehrhaft die...
Januar 2019 · 04. Januar 2019
Eine schöne Erkältung gelegentlich ist wie ein Geschenk, eine Einladung zum Ausstieg - wenn sie stark genug ist, vom inneren Getriebenwerden, vom Gerichtetsein auf Zukünftiges zu erlösen und die gewisse Prise Gleichmut mit den Umständen beschert, wenn sie aber auch harmlos genug ist, einen nicht im Leiden zu verkapseln. Dann ist man wie schwerelos in Zeit und Raum. Man enthält sich der Dinge, des Tuns, des Wollens, ist bei sich, bleibt, eilt nicht voraus, kein Wünschen und Müssen....