November 2018 · 28. November 2018
Es soll Großstadtkinder geben, die nicht wissen, woher die Milch kommt. Bestimmt aber gibt es Großstädter, die nur eine unvollständige Vorstellung davon haben, wie der Zucker in die Tüte kommt. Hier wächst er auf den Feldern soweit das Auge reicht, d.h. natürlich die Knolle, aus der er gewonnen wird. Nach der Ernte türmen sich Gebirgszüge aus Zuckerrüben am Rand der Äcker und vermitteln eine Ahnung von der Bedeutung des süßen Stoffes für unsere Ernährung. Zu verdanken ist sie...
November 2018 · 22. November 2018
Irgendein (bestimmt) kluger Mensch hat einmal das Grundrecht auf einen Hund postuliert und den Gedanken aus unserer gemeinsamen Geschichte, Kultur und Sozialisation hergeleitet. Und auch der Hund würde wohl ein Grundrecht auf den Menschen einfordern, denn wie kein anderes Tier hat er sich dem Menschen (freiwillig) angeschlossen und verbrüdert, keinem anderen Wesen ist der Mensch mehr Artgenosse als die eigene Spezies. Das gilt auch umgekehrt für so manchen Menschen. Da ist der Hund der...
November 2018 · 20. November 2018
Alles begann mit dem Feuer, das während der dunklen, kalten Monate in unserem kleinen Haus im Wald eine so große Bedeutung hat. Das tröstliche Frühjahr kam, ein grandioser Sommer folgte und nun der Herbst, der schon Zeitfenster öffnet für die klirrenden Tage des Winters. So schließt sich der Kreis und noch immer sitze ich Morgen für Morgen in der blauen Stunde am Tisch. Auch heute, während der Wind wütend Zapfen und Äste schleudert und mit den Mobiles an die Wände klopft, als wollte...
November 2018 · 18. November 2018
Wir haben es gut. Mit vielen unangenehmen, schmutzigen, blutigen Verrichtungen des Lebens haben wir wenig zu schaffen. Sie lassen sich leicht ausblenden. Die Stadtreinigung holt unseren Wohlstandsmüll ab und verbrennt ihn oder karrt ihn gar bis Kambodscha oder Vietnam (China will ihn ja nicht mehr), wo er für uns unsichtbar wird. Die schmutzige Wäsche vertrauen wir der Maschine, unsere Fäkalien dem Klärwerk an. Das geschlachtete Tier kommt sauber verpackt, der Fisch ausgenommen ins Haus....
November 2018 · 15. November 2018
Ein Elfchen an den Herbst: Herbst - einatmen tief - lange Weile ersehnen - die Wehmut brüten lassen - warten. Düstere Gedanken finden im herbstlichen Garten ihre Entsprechung. Wie sollte man sich nicht anstecken lassen und unberührt bleiben, wenn die Farben vergehen, alles Lebendige zur Erde sinkt wie nach einer furchtbaren Katastrophe und übrig bleiben nackte Äste wie Gerippe. Sie erinnern an den Knochenmann mit seiner Sense. Wir sind dem Tode geweiht, es ist beschlossen. Wer da nicht...
November 2018 · 12. November 2018
Seit ich zum ersten Mal vor rund drei Jahren einen Kartoffelroder übers Feld ziehen sah, hatte sich der Vorsatz verfestigt, einmal auf einem mitzufahren. Jetzt bot sich die Gelegenheit und ich trug meine Vorfreude auf diese - so meinte ich - archaische Arbeit gleich weiter, um prompt mit einem "damals" von einer nicht viel älteren Frau als ich selbst, meiner idyllischen Vorstellungen beraubt zu werden. "Damals" nämlich, als sie ein Kind war, wurden die Kartoffeln noch per Hand geerntet. Die...
November 2018 · 08. November 2018
"Wieso Gans?" fragte ich mich verblüfft, als ich Agnes' Kommentar zum Bild 'Beet mit Rosen und Hillebille' las. "Wo soll denn da eine Gans sein?" Ich studierte das Foto, umrundete das Beet im Garten und fand nun wirklich kein wachsames Federvieh. Gestern habe ich nachgefragt und Verwunderung geerntet, dass ich das, was ihr beim Betrachten des obigen Fotos förmlich ins Auge sprang, noch immer nicht entdeckt hatte und bekam einen Hinweis: Nun ist die Gans nicht mehr zu übersehen: Vorne im...
November 2018 · 06. November 2018
Nur wenige Blättertragende zelebrieren ihren kleinen Tod so prachtvoll wie der Ahorn in Nachbars Garten. Mit seinen dreizackigen roten Blättern scheint er von abertausenden züngelnder Flammen umgeben, verglüht wie von innen und das schwarze Astgerippe stakt unberührt vom Feuersturm empor. Es braucht keine romantische Ader, um von seinem Anblick gefangen zu sein. Man steht und staunt und kann nicht anders. Als sänge er ein wunderschönes, trauriges, schwermütiges Lied, als feierte er ein...
November 2018 · 03. November 2018
So kann es einem gehen, wenn man im Wald lebt. Sie kommen einen besuchen, die Insekten. Aber mit einer solchen Invasion der Käfer hatten wir nicht gerechnet. Überall saßen sie: auf der Terrasse, an den Fenstern und immer öfter im Haus. Jeden Tag beförderten wir bestimmt ein Dutzend von den beinahe zwei Zentimenter großen Wesen wieder nach draußen. Es wurde uns schon unheimlich. Und da man difusen Ängsten am besten mit Wissen begegnet, haben wir uns kundig gemacht und was gelernt: Der...
November 2018 · 01. November 2018
Landleben ist erholsam. Es verschont einen mit den vielen Mitteilungen und Werbebotschaften, die in Städten allgegenwärtig sind. Ob auf Autos, an Hauswänden, in Bus und Bahn, auf Bildschirmen, an Infowänden, auf Weggeworfenem, an Mülleimern, in Schaufenstern, auf Leuchttafeln. Überall wird um Aufmerksamkeit geworben und das Beworbene ist immer mehr als es ist. Der Joghurt ist nicht nur Satt- sondern auch Schönmacher, die neue App sorgt für Erfolg, die Bar verspricht ein Date, die Pizza...