September 2018

September 2018 · 27. September 2018
Wenn ich die Treppe zwischen den beiden am Ende der Siedlung gelegenen, unbewohnten Waldgrundstücken hinunter ins Tal gehe und mich nach rechts wende, folge ich dem Flüsschen Hardau bis zum nächsten Dorf. An seinem Ufer wächst ungeachtet der allgemeinen Trockenheit in diesem Jahr wieder alles üppig. Auch der Hopfen. Er schlingt sich kletternd meterhoch um jede Stütze, die sich ihm anbietet, Bäume und Büsche oder totes Holz. Zuerst habe ich ihn nicht beachtet. Er ging wie die meisten...
September 2018 · 25. September 2018
Wir leben langsam. Daher erscheint uns vieles stabil und konstant. Aber das ist eine optische Täuschung des Zeitempfindens. Manchmal stelle ich mir mein Leben im Zeitraffer vor. Eine Woche, ein Monat, Jahre in Sekunden abgespielt. Dann wäre ich nur eine flüchtige Bewegung im Raum. Die Blume, die wir mit Namen nennen, eine Rose wäre dann keine Rose, sondern das Aufblitzen eines farbigen Lächelns der Erde, der Baum ein kurzer Griff zu den Wolken. Die Dinge hätten keine Namen mehr, es lohnte...
September 2018 · 21. September 2018
Wenn ich durch die Auen hinter unserem Haus stapfe, kontrolliere ich jedes Mal die Falle, die dort am Ufer des Sees steht. Ich weiß nicht, auf welches Tier man es abgesehen hat, vielleicht, Fuchs, Marder, Waschbär ... Bisher hat sich nie eines zu einer Zeit einfangen lassen, dass es mich bei seinem Anblick in ein moralisches Dilemma gestürzt hätte, zwischen sich widersprechenden Rechten abwägen zu müssen. Gut für das Tier, das gar nicht erst auf einen wohl gesonnenen Menschen oder sein...
September 2018 · 18. September 2018
Feindbildaufbau ist kinderleicht. Es bedarf dazu nur der Aussagen aus berufenem Munde (in den Massenmedien "Experten" genannt) und der unablässigen Wiederholung. Schon verzichtet man auf die eigene Recherche oder wartet gar eine persönliche Erfahrung ab, bevor man sich - zumindest unterbewusst - der allgemeinen Meinung anschließt. So geschehen mit der Nordamerikanischen Traubenkirsche aus dem letzten Beitrag. Nachdem unser Holzfäller uns aufgeklärt, die Nachbarn es bestätigt und ich den...
September 2018 · 17. September 2018
Zum Vergnügen kam sie nicht. Die Lebensbedingungen in ihrer Heimat passen viel besser zu ihr. Die Nordamerikanische Traubenkirsche wurde verschleppt. Sie sollte den Holzertrag unserer Wälder erhöhen. Womit aber niemand gerechnet hatte, sie lässt sich nicht vermarkten. Sie ist ein wildes Geschöpf. In Obedience, in korrekter Unterordnung wie ein dressierter Hund, lässt sie sich nicht halten. Sie bricht aus und macht ihr eigenes Ding, frei nach dem Motto: Brave Traubenkirschen kommen ins...
September 2018 · 15. September 2018
Von Fürst Pückler ist mir wenig bekannt. Er war ein Lebemann mit vielen, für seine Zeit ungewöhnlichen Ideen, ein Eis wurde nach ihm benannt und er entwarf mit Leidenschaft Gärten, die noch heute bestaunt werden. Wie ich darauf komme? Wenn er einen Garten anlegte, begann er mit den Wegen. Darum herum gestaltete er den Rest. Das mache ich anders. Am Anfang stehen die Beete, die Wege ergeben sich aus den Lücken dazwischen. Das Grundstück, das zum Gästehaus gehört und sich direkt an...
September 2018 · 11. September 2018
Die Nächte werden wieder kühler. Wir denken an den bevorstehenden Winter, prüfen unseren Vorrat an Feuerholz, zählen die Körbe voll Zapfen und räumen die Möbel um. Werners Sessel wandert in den Wintergarten. Ihm sind die Abende neben dem bollernden Ofen zu heiß. Mir dagegen kann es in meiner blauen Stunde am Morgen, wenn das Haus von der Nacht noch kalt ist, nicht schnell genug warm werden. Daher nimmt jetzt mein Schreibtisch den verwaisten Platz ein. Sorgenkind bleibt wie immer das...
September 2018 · 07. September 2018
In diesem Jahr vermisse ich die Möhren- und Rote Bete-Felder in der näheren Umgebung. Dafür gab es zuerst viel Getreide, und jetzt Kartoffeln, Zwiebeln, Zuckerrüben und Mais. Letzterer verändert die Landschaft am meisten von allen Pflanzen auf den Äckern, weil er neben den Wegen aufragt wie eine Wand und die Augen der gewohnten Weite beraubt. Alle Felder lassen sich überblicken, nur der Mais nicht. Und auch hindurchschauen kann man nicht. Er erinnert mich mit seinem von der Sonne...
September 2018 · 05. September 2018
Lesestein ist ein wunderbares Wort. Verstaubte Bibliotheken liegen jetzt nach der Ernte auf den Äckern und zeugen von Kälte und Gletschern und weiten Reisen. Gedächtnisse der Erde. Farben, Maserung und Schichten erzählen dem, der sich auskennt, ihre Geschichten und wer genug Phantasie hat kann sie auch ohne Wissen als inneres Bild wieder beleben. Vielleicht haben Ulla Hahn solche Steine in ihrem Roman "Das verborgene Wort" zu dem Begriff "Buchstein" inspiriert. Steine, die die kleine...
September 2018 · 01. September 2018
Die Kartoffelfelder, die am Rand unserer üblichen Anouk-Rundwege liegen und uns in den letzten Monaten mit ihrem kräftigen Grün und später mit ihren kleinen weißen und lilafarbenen Blüten erfreut haben, sind nun abgeerntet. Der Boden ist staubig und sieht verwüstet aus. Vertrocknete Reste des Kartoffelkrauts liegen verstreut auf dem Boden. Ein trostloser Anblick, der durch nichts gemildert wird als das Wissen, dass sich in den langen Reihen, die nun durch die Spuren des Erntefahrzeuges...